PERMA-SL-Dashboard (2): Engagement and Flow

Beim zweiten Faktor für Positive Self-Leadership steht die intrinsische Motivation – die Motivation aus sich selbst heraus – im Mittelpunkt. Namensgebend ist das E von PERMA: Engagement und Flow. Man könnte auch sagen, es ist der Motivationsfaktor. Denn eines ist klar: Keine intrinsische Motivation, kein Flow-Erleben.

Das E von PERMA: „Engagement and Flow

Engagement und Flow tritt meist als Folge des Überschusses an Ressourcen im Vergleich zu den aktuellen Anforderungen auf. Während es bei chronischen Überforderungen (Stress) zu emotionalen Rückzug und Burnout kommt, führt Engagement zu

  • gesteigerter Leistung und Produktivität innerhalb der eigenen Rolle,
  • höherem Einsatz in Aufgaben, die neu sind oder nicht direkt zum eigenen Aufgabenbereich gehören, und letztlich
  • einem gesteigerten Erfolg für das ganze Unternehmen.

Der zweite Buchstabe des PERMA-Modells betont die Wichtigkeit Motivation in unserem täglichen Schaffen. Manchmal wird der Faktor auch nur „Engagement“ genannt, was bei der Übersetzung missverständlich sein könnte, weil es die intrinsische Motivation nicht so klar betont. Die Arbeitsvereinbarung von Schauspieler*innen wird auch Engagement genannt – egal ob sie motiviert sind oder nicht.

Bei „Engagement & Flow“ geht es darum, dem nach zu gehen, was mich „so richtig motiviert“. Dazu zählen sowohl externe, wie z.B. Umgebungsbedingungen, Teamkultur, Werkzeuge, als auch interne Faktoren, wie Einstellung und Befindlichkeiten.  Das wahrscheinlich wichtigste Konzept ist der „Flow“ von Mihaly Csikszentmihalyi (2014), dessen Konzept seit 1975 erstmals Erwähnung fand.

Das Flow-Konzept von Mihaly Csikszentmihalyi

Das Konzept des Flow-Erlebens geht auf den Psychologen Mihaly Csikszentmihalyi zurück. Unter „Flow“, bzw. eingedeutscht dem „Flow-Erleben“, versteht man einen beglückend erlebten Zustand des völligen Aufgehens in einer Aufgabe. In diesem Schaffensrausch gehen uns die Aufgaben wie von selbst von der Hand, die Zeit vergeht wie im Flug und die Kreativität strömt aus uns heraus. Csikszentmihalyi nennt den Schaffensrausch in original „Sence of ecstasy“. Wenn man im Flow ist, ist man in einer Art Ekstase.

Mr. Flow – der Unaussprechliche

Vielleicht kennen Sie das auch. Wie spricht man „Csikszentmihalyi“ richtig aus? Ich verrate Ihnen meinen Trick: Mihaly Csikszentmihalyi ist ungarischer Abstammung, und hat einen schwierig auszusprechenden Namen. Zugegeben, für mich lange unaussprechlich – auch wenn ich 10 mal geübt habe. Wie spricht man ihn richtig aus? Man kann sich am Deutschen „Tschick-sent-mi-hei“ oder noch besser am Englischen orientieren:  

“Chicks-sent-me-high“

Wie erreicht man den Flow?

Die Antwort auf diese Frage ist „eigentlich recht einfach“. In dem man Kompetenzen mit den Anforderungen in Einklang bringt. Wie in der Grafik ersichtlich befindet man sich dann im „Flow-Kanal“. Schauen wir uns die wichtigsten Szenarien an:

Niedrige Kompetenzen (erforderlich) und niedrige Anforderungen

Mit niedrigen Kompetenzen ist gemeint, dass man nur einen Teil seines Könnens nutzen kann. Wenn man also die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen kaum anwenden kann, stellt sich auch ein niedriges Kompetenzerleben ein. Einem Bilanzbuchhalter wird bei einer einfachen Eingaben-Ausgaben-Berechnung möglicherweise ein wenig fad. Das Zusammenbauen von Fertigmöbeln mit dem Inbusschlüssel wird den Tischlermeister eher langweilen, zumindest geistig. Die Anforderungen der Aufgabe sind niedrig bis nicht vorhanden, und man verspürt wenig Lust beim Erfüllen der Aufgabe. Dann wird man apathisch und abwesend.

Hohe Kompetenzen und niedrige Anforderungen

In diesem Bereich kann man zwar die Kompetenzen anwenden, jedoch sind die Anforderungen nicht sonderlich hoch. Man ist unterfordert, und fühlt sich gelangweilt. Man spricht auch gerne von Monotonie-Erleben. Kurzzeitige Unterforderungen kann als durchaus erholsam („Heute kann ich es ruhiger angehen.“) oder auch meditativ („Beim Kartoffel schälen kann ich wunderbar abschalten.“) erlebt werden. Längerfristige Unterforderungen gilt jedoch als nicht gesundheitsförderlich, wie es im Phänomen des Boreouts beschrieben wird. Unterforderung ist also auch eine Art des Stresses, nur halt langweilig und monoton.

Niedriges Kompetenzerleben und zu hohe Anforderungen

Wenn die Anforderungen viel höher sind als die eigenen Ressourcen spricht man von Überforderung. Man fühlt sich gestresst. Dies kann sein, wenn man das erste Mal eine neue Aufgabe zu bewältigen hat, und noch keine inhaltliche Einschulung und keine Zeit um Erfahrungen zu sammeln hatte. Weitere Formen von zu geringen Ressourcen sind z.B.: fehlendes Wissen (Schulung notwendig), mangelnde Erfahrung (in Idealfall begleitetes Training), kein geeignetes Arbeitsmittel (dies können Werkzeuge minderer Qualität sein, Hardware und Software) oder zu wenig Zeit.

Die Folgen von dauerhafter Überforderung und Stresserleben sind hinlänglich bekannt, und können zu psychischen Erkrankungen (z.B. Burnout, Depression, Angststörung) und / oder physischen Erkrankungen (z.B. Rückenschmerzen, Herzerkrankungen, Tinnitus) führen. Dauerhafte Überforderungen bzw. dauerhafte psychische Fehlbeanspruchungen sind nachweislich gesundheitsschädlich.

Was bedeutet dies für das Positive Self-Leadership? Mit schlechten Arbeitsbedingungen wird ein Flow-Erleben schwierig. Auch der beste Fahrer kann mit einem VW Golf kein Formel 1 Rennen gewinnen. D.h., wenn man merkt, dass die Ressourcen (Zeit, Arbeitsmittel, etc.) eine perfekte Arbeit nicht möglich machen, dann nicht in den „Heldenmodus“ wechseln und durch übermäßige Einsatzbereitschaft mangelnde Ressourcen kompensieren. Dies kann einmal gut gehen, aber nicht auf Dauer. Flow-Erleben braucht Zeit: Zum Flow-Erleben braucht es neben den geeigneten Arbeitsmitteln auch Zeit und Kompetenzen. Kompetenzen entstehen durch Training und Erfahrung. Je öfter man etwas macht, desto besser kann man etwas. Je besser man etwas kann, desto wahrscheinlicher ist das Flow-Erleben und desto schneller wird man dabei sein. Conclusio: Flow-Erleben bringt Zeit.

Der Flow-Kanal als Voraussetzung für Engagement und Flow
Der Flow-Kanal als Voraussetzung für „Engagement und Flow“

Das Ideal: Passendes Kompetenzen-Anforderungs-Verhältnis

Das Flow-Erleben findet im mittleren und hohen Bereich statt. Wie auch in der Grafik ersichtlich ist stellt sich in dem linken unteren Eck noch kein Flow-Erleben ein. Es braucht ein gewisses Maß an Anforderungen, oder noch besser formuliert an Herausforderungen, um ins Flow-Erleben zu kommen. Im Flow befinden wir uns dann, wenn die Anforderungen zu den vorhandenen Kompetenzen passend sind.

Im Idealfall kann man dabei an die Grenzen der eigenen Kompetenzen gehen, und man ist in der leichten Überforderung. Ein Beispiel: Man hat z.B. eine Grafik für einen Vortrag schon fertig gestellt und gespeichert. Da man noch etwas Zeit hat, und es gerade gut läuft, probiert man ein neues Werkzeug aus. Wenn es klappt, hat man eine verbesserte Grafik und man hat ein neues Werkzeug ausprobiert. Wenn es nicht klappt, hat man ein neues Werkzeug ausprobiert. In beiden Fällen hat man gelernt.

Man spricht hier auch vom Flow-Kanal, in dem die Kompetenzen mit den Anforderungen mitwachsen: „Ich bin über mich hinausgewachsen“.

Impulsvideo „Engagement and Flow“

Werfen Sie einen Blick in ein Impulsvideo aus meinem Online-Kurs zu Positive Self-Leadership. Hier werden die wichtigsten Punkte des Flowerleben kurz zusammengefasst.

Der Motivationsfaktor von PERMA: E steht für „Engagement and Flow“

Die 7 Merkmale des Flow-Erlebens

Das Flow-Erleben ist durch eine Passung zwischen Anforderungen und Kompetenzen gekennzeichnet – dem sogenannten Flow-Kanal. Csikszentmihalyi beschreibt sieben Merkmale des Flow-Erlebens.

  1. Fokus & Konzentration: Man ist voll und ganz in eine Sache involviert: „Ich bin voll in die Sache rein gekippt!“
  2. Schaffens-Rausch: Man erlebt sich in einer Art Rauschzustand des Tuns, des Etwas-Erschaffens. Ein Gefühl das weit über das Alltägliche hinausgeht.
  3. Klarheit: Man weiß genau, was und wie etwas zu tun ist.
  4. Lösbarkeit der Aufgabe: Man ist davon überzeugt, dass die Aufgabe lösbar und machbar ist.
  5. Leichtigkeit: Man ist im Hier und Jetzt, und „wächst über sich hinaus“. Man spürt eine innere Gelassenheit, und die Alltagssorgen spielen keine Rolle mehr. 
  6. Zeitlosigkeit: Durch das Aufgehen in der Aufgabe fühlen sich Stunden wie Minuten an, und man verliert das Zeitgefühl.
  7. Intrinsische Motivation: Der extreme Antrieb kommt aus sich selbst heraus, von innen. Man tut etwas, weil man es tun möchte – und nicht weil man eine Belohnung bekommt.
Die sieben Merkmale für Engagement und Flow (bzw. "Engagement and Flow")
Die sieben Merkmale für Engagement und Flow

Lesetipps

Epp, G. (2021). Positive Self-Leadership. Norderstedt: Bod.

Csikszentmihalyi, M. (2017). Das Geheimnis des Glücks. Klett-Cotta.

Csikszentmihalyi, M. (2014). Flow and the Foundations of Positive Psychology: The Collected Works of Mihaly Csikszentmihalyi. (Gebundene Ausgabe). Springer.

Csikszentmihalyi , M. (2015). The Systems Model of Creativity: The Collected Works of Mihaly Csikszentmihalyi. (Gebundene Ausgabe). Springer.

Inspiration & Tipps

Wenn Ihnen/Dir dieser Blogbeitrag gefallen hat, könne mein Buch zu Positive Self-Leadership. (erschienen bei Bod) etwas für Sie/Dich sein. Eine ausführliche Leseprobe ist hier zu finden.

Weiters gibt es auf Udemy einen Online-Kurs zum Positive Self-Leadership mit dem PERMA-SL-Dashboard.

Eine kleine Auswahl der Videos sind auch über meinen Youtube-Kanal frei zugänglich.

Für Newsletter-Abonennten*innen gibt´s immer wieder kleine Goodies und Vergünstigungen. Gleich hier anmelden.

P.S.: Zusammenfassung

Was versteht man unter dem P vom PERMA-Modell, den Positive Emotions?

Beim ersten Faktor des PERMA-Modells geht es vor allem darum, dass positive Emotionen mehr sind als „lustig sein“ und Spaß haben“. In diesem Kapitel werden die Arbeiten von Barbara Fredrickson (2011, 2014) vorgestellt. Sie hat die wichtigsten 10 positiven Emotionen ausführlich beforscht, beschrieben, und mit dem Broaden-and-Build Modell den Beweis geleifert, dass man diese erlernen und trainieren kann.

Quelle: Epp, G. (2021). Positive Self-Leadership. Norderstedt: Bod.

Was versteht man unter dem E vom PERMA-Modell, dem Engagement und Flow?

Der zweite Faktor des PERMA-Modells ist der Motivationsfaktor. Das zentrale Motivationskonzept in der Positiven Psychologie ist das Flow-Erleben nach Csikszentmihalyi (2014, 2015), das ist hier auch namensgebend für diesen Faktor. In diesem Kapitel schauen wir uns die Entwicklung des Praxismodells Voraussetzungen und die sieben Merkmale für das Flow-Erleben an. Weiters widmen wir uns der Frage, wie Sie durch das bewusste Ausleben Ihrer Charakterstärken zu höherem Sinn- und Flow-Erleben beitragen können.

Quelle: Epp, G. (2021). Positive Self-Leadership. Norderstedt: Bod.

Was versteht man unter dem R vom PERMA-Modell, dem Relationships?

Der dritte Faktor des PERMA-Modells ist der Beziehungs- und Kommunikationsfaktor. Wie wir miteinander umgehen hängt von den Kommunikationskompetenzen des Einzelnen und der Kultur des sozialen Umfeldes ab. In diesem Abschnitt beschäftigen wir uns mit den Kompetenzen, die für ein gelungenes miteinander wichtig sind. Spoiler: Es geht um Selbstvertrauen, Vertrauen und psychologische Sicherheit (Edmondson 2020).

Quelle: Epp, G. (2021). Positive Self-Leadership. Norderstedt: Bod.

Was versteht man unter dem M vom PERMA-Modell, dem Meaning und Purpose?

Die Sinnerfüllung bildet den vierten Faktor des PERMA-Modells. Die Wichtigkeit des Sinns im täglichen Tun hat uns Simon Sinek (2011, 2017) mit dem „Start with Why“ geliefert. Wobei man Why mit Warum, und Wozu und Wofür übersetzen kann. Und genau darum geht’s: Das Erkennen von Sinn im täglichen Tun und das Stärken der eigenen Sinnerfüllung.
Ebenso interessant ist die Betrachtung des Sinns im Leben. In der empirischen Sinnforschung werden vier Dimensionen für die Sinnerfüllung genannt: Kohärenz (Stimmung und Passung), Bedeutsamkeit, Orientierung und Zugehörigkeit (Schnell 2020).

Quelle: Epp, G. (2021). Positive Self-Leadership. Norderstedt: Bod.

Was versteht man unter dem A vom PERMA-Modell, dem Accomplishment?

Beim fünften Faktor dreht sich alles um das eigene Können und die eigenen Kompetenzen. Damit sind nicht nur die Kommunikations- und Konfliktkompetenzen gemeint (die schon beim Relationships im Mittelpunkt stehen), sondern auch die Fach- und Methodenkompetenzen. Das bewusste Wahrnehmen der eigenen Leistung und das bewusste Vollenden einer Aufgabe sind ein ebenso wichtiger Baustein gelungener Selbstführung.

Quelle: Epp, G. (2021). Positive Self-Leadership. Norderstedt: Bod.

Welche Bedeutung hat die Selbstbestimmung im PERMA-SL-Modell?

Die Selbstbestimmung kommt im Erleben von Freiheit und Autonomie zum Ausdruck,
und zählt neben dem Kompetenz- und Anschlussmotiv zu den drei menschlichen
Grundbedürfnissen. Selbstbestimmung ist auch wesentliche Voraussetzung für Selbstverantwortung.

Quelle: Epp, G. (2021). Positive Self-Leadership. Norderstedt: Bod.

Welche Bedeutung haben die optimistische Herangehensweise (Optimistic Coping) im PERMA-SL-Modell?

Bei diesem Faktor geht es um die bewusste optimistische Herangehensweise an alltägliche Herausforderungen. Dieser Faktor hat wahrscheinlich die größte inhaltliche Breite, wenn man die Theorien mit einander vergleicht. Die Problembewältigung wird in der Psychologie auch Coping genannt. Im Grunde geht es darum, hoffnungsvolles, optimistisches und zuversichtliches Denken, Fühlen und Handeln sicherzustellen.

Quelle: Epp, G. (2021). Positive Self-Leadership. Norderstedt: Bod.

Welche Bedeutung hat die Gesundheit PERMA-SL-Modell?

Der Psychologie im Allgemeinen und dem PERMA-Modell im Speziellen wird gern vorgeworfen, sehr kopflastig zu sein und die Regionen unterhalb des Halses zu vernachlässigen. Allein deshalb war schon klar, dass man den Faktor Gesundheit berücksichtigen muss. In vielen Coaching-Einheiten haben Coachees zuerst von körperlichen Problemen erzählt, bis wenig später klar wurde, dass sie einen ausgeprägten Erschöpfungsprozess hinter sich hatten. Dabei habe ich mir mehrmals gedacht, dass meine Coachees dies auch an körperlichen Symptomen (z.B. Rückenschmerzen, Schlafstörungen, Verdauungsprobleme, etc.) hätten wahrnehmen können. Dies hier sollte weder ein Fitness- noch ein Ernährungsratgeber werden, sondern ein Appell die physische und psychische Gesundheit in das Positive Self-Leadership miteinzubeziehen.

Quelle: Epp, G. (2021). Positive Self-Leadership. Norderstedt: Bod.


Leave a Comment

I accept the Privacy Policy