PERMA-SL-Dashboard (6): Selbstbestimmung

Den PERMA-SL Faktor Selbstbestimmung nennt man es auch Bedürfnis nach Handlungsspielraum oder Gestaltungspielraum, Autonomie oder schlicht Freiheit.

Das S vom PERMA-SL-Dashboard: Selbstbestimmung

Im Sinne des Positive Self-Leadership werde ich vorwiegend den Begriff der Selbstbestimmung verwenden, auch wenn die eben genannten Sammelbegriffe (Freiheit, Autonomie, Handlungsspielraum, Gestaltungsspielraum) implizit mitgemeint sind.

Auf den nächsten Seiten stelle ich als Erstes die Selbstbestimmungstheorie vor. Dabei handelt es sich um eine der wichtigsten Theorien menschlicher Motivation, mit den drei Bedürfnissen nach Kompetenzerleben, sozialer Eingebundenheit und nach Autonomie.

Selbstbestimmungstheorie

Die Selbstbestimmungstheorie gilt als die einflussreichste Theorie zur Erklärung der intrinsischen Motivation. Die Theorie von Deci und Ryan (2008) wurde seit den 1970ern stetig weiterentwickelt. Die Quelle für intrinsisch motiviertes Verhalten ist – ganz im Sinne der Selbstführung – die Person selbst, und eben nicht nur die Aufgabe. Die Voraussetzungen für intrinsische Motivation sind wahrgenommene Autonomie (= Selbstbestimmung), das Bedürfnis nach Kompetenzerleben und das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit:

  • Bedürfnis nach Autonomie (= Selbstbestimmung): Der Grad der Selbstbestimmung hängt vom Tätigkeitsspielraum ab, und lässt in drei Abstufungen unterteilen:
    • Handlungsspielraum: Ich kann die Reihenfolge der Aufgaben entscheiden
    • Gestaltungsspielraum: Ich kann entscheiden, auf welche Art und Weise ich die Aufgaben löse
    • Entscheidungsspielraum: Ich kann entscheiden, welche Aufgabe ich übernehme
  • Bedürfnis nach Kompetenzerleben: Das Kompetenzerleben spielt eine wesentliche Rolle für unsere Motivation. Dieser Faktor hängt stark mit der Selbstwirksamkeit zusammen und ist von der Hoffnung auf erfolgreiches Handeln und der Furcht vor Misserfolg geprägt.
  • Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit: Menschen handeln immer in Wechselwirkung mit ihrer Umwelt. Auf Basis der sozialen Eingebundenheit können fremde Verhaltensstandards integriert werden. Aus zahlreichen Studien ist bekannt, dass Einsamkeit einer der größten Krankheitstreiber (v.a. für Depression) ist. Dann dient soziale Interaktion als gesundheitlicher Schutzfaktor. Menschen sind soziale Wesen und können ohne soziale Interaktion nicht (über-)leben. 

Motivationspotenzial: “Like a bridge over troubled water”

Das Motivationspotenzial kann man sich wie eine Brücke vorstellen, die uns vor “troubled water” (Demotivation, Lustlosigkeit, Interessenlosigkeit oder Frust) schützt. Wenn man durch den Fluss gehen muss, kann es mühselig werden. Das Motivationspotenzial ist eine notwendige Bedingung jedoch keine hinreichende Bedingung zur Entstehung (intrinsischer) Motivation. In anderen Worten: Wenn die drei Grundbedingungen nicht erfüllt sind, entsteht keine Motivation. Sind die drei Grundbedingungen erfüllt, kann Motivation entstehen.

Im Job-Characteristics-Modell wiesen bereits 1975 Hackman und Oldham auf das Motivationspotenzial hin und entwickelten folgende Formel:

Sinnerfüllung x Tätigkeitsspielraum x Rückmeldung = Motivationspotenzial

Aus der Mathematik wissen wir, dass bei einer Multiplikation mit Null das Gesamtergebnis auch Null wird. Das heißt, wenn einer der drei Faktoren Null wird, ist das Motivationspotenzial auch Null.

Achten Sie daher darauf, dass bei Ihnen selbst und Ihren Mitarbeiter*innen und Kollegen*innen keiner der drei Faktoren zu niedrig wird.

  • Sinnerfüllung: hier geht es um die Frage: Wozu (bzw. Warum) soll ich etwas machen? Und in weiterer Folge: „Für wen ist meine Arbeit bedeutsam? Wen unterstütze ich wie mit meiner Arbeit?
  • Tätigkeitsspielraum: meint die selbstbestimmte Durchführung von Aufgaben
  • Rückmeldung durch die Arbeit selbst und durch wichtige Beteiligte wie Führungskräfte, Kollegen*innen, Mitarbeiter*innen und Kunden*innen.
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Motivationspotenzial: „Like a Bridge over troubled water“

Videolink: Selbstbestimmung & Motivationspotenzial

Lesetipps

Epp, G. (2021). Positive Self-Leadership. Norderstedt: Bod.

Fredrickson, B. (2011). Die Macht der guten Gefühle: Wie eine positive Haltung Ihr Leben dauerhaft verändert. campus.

Fredrickson, B. (2014). Die Macht der Liebe: Ein neuer Blick auf das größte Gefühl. campus.

Inspiration & Tipps

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Übung: Reflektieren Sie Ihre Tätigkeitsspielräume

Bei dieser Übung geht es vor allem darum, sich mit den drei Abstufungen der Gestaltungsspielräume vertraut zu machen. Notieren Sie sich dazu drei bis fünf Aufgaben die Sie gestern oder in den letzten Tagen erledigt haben. Notieren Sie sich dabei jeweils Ihren Handlungs-, Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum.

AufgabeHandlungs- spielraumGestaltungs- spielraumEntscheidungsspielraum
    
    
    
    
    

P.S.: Zusammenfassung

Was versteht man unter dem P vom PERMA-Modell, den Positive Emotions?

Beim ersten Faktor des PERMA-Modells geht es vor allem darum, dass positive Emotionen mehr sind als „lustig sein“ und Spaß haben“. In diesem Kapitel werden die Arbeiten von Barbara Fredrickson (2011, 2014) vorgestellt. Sie hat die wichtigsten 10 positiven Emotionen ausführlich beforscht, beschrieben, und mit dem Broaden-and-Build Modell den Beweis geleifert, dass man diese erlernen und trainieren kann.

Quelle: Epp, G. (2021). Positive Self-Leadership. Norderstedt: Bod.

Was versteht man unter dem E vom PERMA-Modell, dem Engagement und Flow?

Der zweite Faktor des PERMA-Modells ist der Motivationsfaktor. Das zentrale Motivationskonzept in der Positiven Psychologie ist das Flow-Erleben nach Csikszentmihalyi (2014, 2015), das ist hier auch namensgebend für diesen Faktor. In diesem Kapitel schauen wir uns die Entwicklung des Praxismodells Voraussetzungen und die sieben Merkmale für das Flow-Erleben an. Weiters widmen wir uns der Frage, wie Sie durch das bewusste Ausleben Ihrer Charakterstärken zu höherem Sinn- und Flow-Erleben beitragen können.

Quelle: Epp, G. (2021). Positive Self-Leadership. Norderstedt: Bod.

Was versteht man unter dem R vom PERMA-Modell, dem Relationships?

Der dritte Faktor des PERMA-Modells ist der Beziehungs- und Kommunikationsfaktor. Wie wir miteinander umgehen hängt von den Kommunikationskompetenzen des Einzelnen und der Kultur des sozialen Umfeldes ab. In diesem Abschnitt beschäftigen wir uns mit den Kompetenzen, die für ein gelungenes miteinander wichtig sind. Spoiler: Es geht um Selbstvertrauen, Vertrauen und psychologische Sicherheit (Edmondson 2020).

Quelle: Epp, G. (2021). Positive Self-Leadership. Norderstedt: Bod.

Was versteht man unter dem M vom PERMA-Modell, dem Meaning und Purpose?

Die Sinnerfüllung bildet den vierten Faktor des PERMA-Modells. Die Wichtigkeit des Sinns im täglichen Tun hat uns Simon Sinek (2011, 2017) mit dem „Start with Why“ geliefert. Wobei man Why mit Warum, und Wozu und Wofür übersetzen kann. Und genau darum geht’s: Das Erkennen von Sinn im täglichen Tun und das Stärken der eigenen Sinnerfüllung.
Ebenso interessant ist die Betrachtung des Sinns im Leben. In der empirischen Sinnforschung werden vier Dimensionen für die Sinnerfüllung genannt: Kohärenz (Stimmung und Passung), Bedeutsamkeit, Orientierung und Zugehörigkeit (Schnell 2020).

Quelle: Epp, G. (2021). Positive Self-Leadership. Norderstedt: Bod.

Was versteht man unter dem A vom PERMA-Modell, dem Accomplishment?

Beim fünften Faktor dreht sich alles um das eigene Können und die eigenen Kompetenzen. Damit sind nicht nur die Kommunikations- und Konfliktkompetenzen gemeint (die schon beim Relationships im Mittelpunkt stehen), sondern auch die Fach- und Methodenkompetenzen. Das bewusste Wahrnehmen der eigenen Leistung und das bewusste Vollenden einer Aufgabe sind ein ebenso wichtiger Baustein gelungener Selbstführung.

Quelle: Epp, G. (2021). Positive Self-Leadership. Norderstedt: Bod.

Welche Bedeutung hat die Selbstbestimmung im PERMA-SL-Modell?

Die Selbstbestimmung kommt im Erleben von Freiheit und Autonomie zum Ausdruck, und zählt neben dem Kompetenz- und Anschlussmotiv zu den drei menschlichen Grundbedürfnissen. Selbstbestimmung ist auch wesentliche Voraussetzung für Selbstverantwortung.

Quelle: Epp, G. (2021). Positive Self-Leadership. Norderstedt: Bod.

Welche Bedeutung haben die optimistische Herangehensweise (Optimistic Coping) im PERMA-SL-Modell?

Bei diesem Faktor geht es um die bewusste optimistische Herangehensweise an alltägliche Herausforderungen. Dieser Faktor hat wahrscheinlich die größte inhaltliche Breite, wenn man die Theorien mit einander vergleicht. Die Problembewältigung wird in der Psychologie auch Coping genannt. Im Grunde geht es darum, hoffnungsvolles, optimistisches und zuversichtliches Denken, Fühlen und Handeln sicherzustellen.

Quelle: Epp, G. (2021). Positive Self-Leadership. Norderstedt: Bod.

Welche Bedeutung hat die Gesundheit PERMA-SL-Modell?

Der Psychologie im Allgemeinen und dem PERMA-Modell im Speziellen wird gern vorgeworfen, sehr kopflastig zu sein und die Regionen unterhalb des Halses zu vernachlässigen. Allein deshalb war schon klar, dass man den Faktor Gesundheit berücksichtigen muss. In vielen Coaching-Einheiten haben Coachees zuerst von körperlichen Problemen erzählt, bis wenig später klar wurde, dass sie einen ausgeprägten Erschöpfungsprozess hinter sich hatten. Dabei habe ich mir mehrmals gedacht, dass meine Coachees dies auch an körperlichen Symptomen (z.B. Rückenschmerzen, Schlafstörungen, Verdauungsprobleme, etc.) hätten wahrnehmen können. Dies hier sollte weder ein Fitness- noch ein Ernährungsratgeber werden, sondern ein Appell die physische und psychische Gesundheit in das Positive Self-Leadership miteinzubeziehen.

Quelle: Epp, G. (2021). Positive Self-Leadership. Norderstedt: Bod.

Warum man auf soziale Beziehungen (Relationships) besonders achten sollte?

– Vermeiden von Fehlern, die zu Projektabbrüchen führen
– Steigerung von Arbeitsmotivation und -zufriedenheit Ihrer Mitarbeiter*innen
– Erhöhung der Attraktivität als Arbeitgeber*in für Fachkräfte und Spezialisten*innen und Verringerung der Kosten für Recruiting
– Verbesserung der Lernkultur („Fehlerkultur“) in Ihrem Unternehmen und werden Sie zur lernenden Organisation
– Erhöhung der Identifikation (Emotionalen Bindung) mit dem Unternehmen
– Stärkung der Mitarbeiterloyalität

Quelle: Epp, G. (2021). Positive Self-Leadership. Norderstedt: Bod.


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