Sinnerfüllung

 

Sinnerfüllung entsteht durch Kohärenz, Zielorientierung, Bedeutsamkeit und Zugehörigkeit. (Schnell et al., 2012, 2013, 2020)

Sinnerfüllung Definition

Sinnerfüllung Definition

Die wohl bekannteste Sinnerfüllung Definition stammt von Tatjana Schnell, und ist in ihrem Standardwerk „Psychologie des Lebensinn“ nachzulesen.

Definition Sinnerfüllung: Wie wird Sinnerfüllung definiert?

Das Forscherteam der Universität Innsbruck rund um Tatjana Schnell (2012, 2013, 2016) leitet vier Kernaspekte heraus, aus denen Sinnerfüllung am Arbeitsplatz entstehen kann: Kohärenz, Zielorientierung, Bedeutsamkeit und Zugehörigkeit. Diese vier Aspekte unterstützen das Sinnerleben und Sinnerfüllung. Dadurch wird sowohl das eigene Leben als auch der eigene Job als sinnvoll wahrgenommen:
1. Kohärenz ist die Passung von Person und Rolle. Arbeitsaufgaben in einem Unternehmen, und die damit verbundenen Rollen, sollten im Idealfall zu der eigenen Persönlichkeit, Zielen und Lebensaufgaben passen.

2. Zielorientierung: Jedes Unternehmen handelt nach bestimmten Werten und Normen. Wenn „das Unternehmen“ bzw. die Unternehmensführung anders handelt als es vorgibt zu handeln, führt dies zu geringen Sinnerleben. Wenn ein Unternehmen damit wirbt, dass die Mitarbeiter*innen die wichtigste Ressource seien, und auf der anderen Seite keine Überstunden ausbezahlt wird dies als zynisch empfunden. Das Sinnerleben geht gegen null.

3. Bedeutsamkeit: Tätigkeit und Aufgaben, die wichtig für andere Menschen sind, werden als bedeutsam erlebt. Die Bedeutsamkeit ist von den Konsequenzen der eigenen Arbeitsleistung abhängig. Weiß ich was ich für wen tue? Weiters wird das Erleben von Autonomie und Kompetenz gestärkt.

4. Zugehörigkeit: Die Mitarbeiter*innen eines Unternehmens nehmen sich als Teil einer großen Gemeinschaft. Sie fühlen sich dadurch verbundener und haben eine höhere emotionale Bindung an das Unternehmen.

Die Bedeutsamkeit der Arbeitsaufgabe hat sich als wichtigste Quelle des Sinnerlebens herausgestellt. Manche Tätigkeiten werden sogar als sinnstiftend erlebt. Wenn durch meine Arbeit etwas Positives entsteht, dass für andere Personen, Abteilungen, Stakeholder, die Gesellschaft oder die Umwelt von Wert ist, wird meine Arbeit als sinnstiftend erlebt. Diese Arbeit dient keinen reinen Selbstzweck, sondern wird auch positiver erlebt und produktiver ausgeführt.

Es ist anzumerken, dass nicht jede Arbeit als sinnstiftend erlebt werden kann. Eine Buchhalterin wird sich schwerer tun als eine Pflegerin. Jedoch sollte jede Arbeit als sinnvoll erlebt werden können.

Was sind die Vorteile sinnerfüllender Arbeit?

Sinnvolles Arbeiten hat sowohl für Arbeitgeber*innen als auch Mitarbeiter*innen zahlreiche Vorteile [1] :
o Sinnvoll wahrgenommene Arbeit wird positiver erlebt. Man ist begeistert von der Arbeit, und fühlt sich inspiriert und voller Energie.
o Arbeit wird als Lust (statt Last) erfahren, was zu einer stärkeren intrinsischen Motivation führt.
o Motivierte Angestellte sind vitaler, leistungs- und anpassungsfähiger, proaktiver und geben sich mehr Mühe.
o Sinnvolle Arbeit ist ein Resilienzfaktor gegenüber Stress und Burnout
o Berufliche Sinnerfüllung begünstigt die allgemeine Sinnerfüllung (und schützt vor Sinnkrisen)

In einer Metaanalyse [2] zeigen sich recht eindrucksvolle Ergebnisse:
o Arbeitnehmer*innen mit ausgeprägter Sinnwahrnehmung sind motivierter, engagierter, leistungsfähiger und erfolgreicher.
o Zudem sind sie gewissenhafter und engagieren sich über ihren Arbeitsbereich hinaus.
o Sie können besser mit arbeitsbezogenem Stress umgehen, und zeigen weniger Absichten den aktuellen Arbeitgeber zu verlassen.

Insgesamt zeigen sich ein deutlich höhere Arbeitszufriedenheit, bessere Beziehungen zu Kollegen*innen und Führungskräften sowie eine höhere Lebenszufriedenheit und übergreifendes Sinnempfinden.

[1] Schnell (2018, 2020), Höge & Schnell (2012), Steger et al. (2012), u.a.
[2] Hu und Hirsh (2017)

Was können Unternehmen tun, um berufliches Sinnerleben zu ermöglichen?

Das Sinnerleben kann vom Unternehmen nicht einfach eingeführt werden. Es gibt jedoch einige Bedingungen, die das Sinnerleben erleichtern können.

Passung Person-Rolle-Funktion: Eine höhere Passung zwischen den Kompetenzen einer Person und den Aufgaben erhöht das Ausmaß von Sinnerleben. Mitarbeiter*innen sollten daher zwischen verschieden Aufgaben wählen oder über diese mitbestimmen können.

Mitgestaltung: Das Sinnerleben und das Arbeitsengagement steigt, wenn Mitarbeiter*innen selbstbestimmt arbeiten und kreativ mitgestalten können.

Solidarität und Kollegialität: Weg von Konkurrenzdenken, hin zu (echter) Solidarität stärkt das Zugehörigkeitsgefühl. Es ist natürlich klar, dass Boni-Zahlungen auch auf Teamebene (und nicht nur für einzelne) erfolgen muss.

Unternehmenskultur: Prinzipien wie Mitbestimmung, Mitsprache, Partizipation, Transparenz oder offene Kommunikation sollten gelebt werden, und nicht nur leere Schlagworte auf der Unternehmenswebseite sein.

Prinzipien wie Mitbestimmung, Mitsprache, Partizipation, Transparenz oder offene Kommunikation sollten gelebt werden, und nicht nur leere Schlagworte auf der Unternehmenswebseite sein.

Was ist berufliche Sinnerfüllung und Sinnstiftung?

Allgemeine und berufliche Sinnerfüllung stehen in Zusammenhang miteinander, und können sich wechselseitig befruchten, einschränken oder auch kompensieren. Die berufliche Sinnerfüllung sollte eigentlich der Normalzustand in der Arbeitswelt darstellen, und ist von der Sinnstiftung durch den Beruf zu unterscheiden.

Die Sinnstiftung im Beruf kommt vor allem in Berufen und Tätigkeiten vor, in denen persönlich bedeutsame Ziele verfolgt werden können. Das Verhältnis zwischen sinnerfüllend und sinnstiftend verhält sich wie die Pflicht und Kür beim Kunsteislauf.

Jeder Beruf sollte sinnerfüllend sein (Pflicht), und einige sind sinnstiftend (Kür).

In mehreren Studien konnte ein hoher korrelativer Zusammenhang zwischen allgemeiner und beruflicher Sinnerfüllung bestätig werden. In einer US-amerikanischen Studie (Steger et al. 2012) zeigte sich ein Zusammenhang von r=0,57. Ähnliche Werte zeigten sich in Studien im deutschsprachigen Raum mit r=0,60 (Schnell 2018) bzw. r=0,48 (Pollet 2011).

Die berufliche Sinnerfüllung stellt einen zentralen Stellenwert für die allgemeine Sinnerfüllung dar. Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass jede Arbeit sinnvoll ist. Kreatives oder produktives Erschaffen oder Ermöglichen von Dingen, Zuständen, Erfahrungen lassen Arbeit als sinnvoll erscheinen, wenn andere einen Nutzen davon haben.
Da wir nicht alles selbst erschaffen und leisten können, werden Arbeitsaufgaben und das Anbieten von Dienstleistungen und Produkten untereinander geteilt. Damit man besser miteinander tauschen kann, wurde das Geld eingeführt – so die Grundidee.

Videolinks:

Allgemeine und berufliche Sinnerfüllung stehen in Zusammenhang miteinander, und können sich wechselseitig befruchten, einschränken oder auch kompensieren. Die berufliche Sinnerfüllung sollte eigentlich der Normalzustand in der Arbeitswelt darstellen, und ist von der Sinnstiftung durch den Beruf zu unterscheiden.

Quellen:

Höge, T. & Schnell, T. (2012). Kein Arbeitsengagement ohne Sinnerfüllung. Eine Studie zum Zusammenhang von Work Engagement, Sinnerfüllung und Tätigkeitsmerkmalen. Wirtschaftspsychologie, 1, 91-99.

Schnell, T., Hoege, Th., & Pollet, E. (2013). Predicting Meaning in Work: Theory, Data, Implications. The Journal of Positive Psychology.

Buchempfehlungen

Epp, G. (2021). Positive Self-Leadership. Norderstedt: Bod.

Schnell, T. (2020). Psychologie des Lebenssinns. (2. Aufl.) Springer.

Sinek, S. (2011) Start with Why: How Great Leaders Inspire Everyone to Take Action.

Sinek, S. (2014). Frag immer erst: warum: Wie Top-Firmen und Führungskräfte zum Erfolg inspirieren. Redline.

Sinek, S. (2017). Gute Chefs essen zuletzt: Warum manche Teams funktionieren – und andere nicht. Redline.

Weiterführende Blogbeiträge

PERMA-SL-Dashboard (4): Meaning and Purpose